Der Reiz des Gebäudes ist seine Ambivalenz. Im Grunde ein einfacher Zeilenbau, der ruhig und zurückhaltend den Straßenraum definiert und plötzlich auf der Gartenseite seine ganz eigene Expressivität entfaltet.
Neugablonz gehört zu fünf Vertriebenenstädten, die nach dem zweiten Weltkrieg in Bayern gegründet wurden. Ganz im Verständnis der Nachkriegsmoderne prägen einfache drei- bis viergeschossige Zeilenbauten den offenen Stadtgrundriss. Die neue Wohnbebauung nutzt den Schwung der Sudetenstraße für eine besondere Gebäudeform, die stadträumlich Halt gibt und für Wohnungen und Quartier eine neue Qualität erzeugt. Durch die städtebauliche Setzung gelingt es, die Räume präzise zu definieren. Das Haus, ein einfacher Zeilenbau steht direkt an der Straße. Ein ambivalentes Gebäude, ruhig und zurückhaltend begleitet es den Straßenraum, expressiv und bewegt wirkt es zur Gartenseite. Die Wohnungen reihen sich in stringenter Schottenbauweise aneinander. Erschlossen werden sie über knappe Stadtbalkone zur Überwindung eines angemessenen Hochparterres. Entlang der Straße liegen Küchen, Treppenhäuser und Eingangsloggien. Zum Garten hin hat jede Wohnung ein Wohnzimmer mit fächerförmig ausgedrehter Loggia. Die Materialität der Fassade aus feinem, hellem Putz mit hellgrauen Aluminiumfenstern und horizontaler Gliederung ist zurückhaltend und lässt die expressive Gebäudeform für sich wirken. So wird es zu einem Haus mit Identität und Wiedererkennungswert.
Neubau Wohnhaus, Sudetenstraße, Kaufbeuren-Neugablonz
Wettbewerb: 2010, 1. Preis
Realisierung: 2012–2014
Auftraggeberin: Wohnungsbaugenossenschaft Gablonzer Siedlungswerk eG
Planungsumfang: LPH 1–5
Nutzung: 35 Wohneinheiten, Büroeinheit, Gemeinschaftsraum, Tiefgarage
Geschossfläche: 3.599 m², Wohnfläche: 2.241 m², Bürofläche: 292 m²
Zusammenarbeit: mahl-gebhard-konzepte Landschaftsarchitekten Stadtplaner (Freiraumplanung), Grad Ingenieurplanungen (Tragwerksplanung)
Fotografie: Pk. Odessa Co
Team: Andreas Garkisch, Karin Schmid, Petya Stancheva, Sarah Wörnhör, Michael Wimmer u. a.
Referenzraum (S. 10): Wohnhaus im Hansaviertel, Alvar Aalto (4); Publikation (S. 14): Baupreis Kaufbeuren 2015, S. 14–15